Das neue Jahr startet in Esslingen mit einer neuen Reihe: An jedem dritten Sonntag im Monat jeweils um 15 Uhr werden im Münster St. Paul, offene Themenführungen zu Kunst und Geschichte des ehemaligen Dominikanerklosters und seiner Klosterkirche angeboten.
Die Kurzführungen rücken dabei jedes Mal einen anderen Aspekt in den Mittelpunkt. Es geht um bislang Unbekanntes, um ungelöste Geheimnisse und andere offene Fragen, oder um ein Detail, von dem aus sich der Blick aufs Ganze neu erschließt.
Eine der ältesten erhaltenen Bettelordenskirchen nördlich der Alpen mit ihren ungezählten Geschichten wird dabei zum Spiegel der Spurensuche des Lebens und Glaubens, nicht nur in alten Zeiten.
Jeden Themenspaziergang übernimmt ein Kirchenführer aus dem neu zusammengestellten Team: Thomas Dietz, Peter Frey, Emanuel Gebauer, Thomas Jüttner, Norbert Kindler und Matthias Vetter .
Wir bitten um Anmeldung unter KircheundKunst@stpaul-esslingen.de oder im Münsterpfarramt. Wenn Sie unsere Arbeit unterstützen wollen, geben Sie das, was Ihnen die Führung wert ist in den Opferstock beim Judas Thaddäus. Wir verwenden Ihre Gaben zum Erhalt des Münsters.
Die nächsten Themen und Termine sind:
Wer waren die Dominikaner oder Predigerbrüder? Wie und wo haben sie gewirkt? Wann und warum haben sie Esslingen verlassen? Und welche Bedeutung hatten sie für Esslingen? Fragen über Fragen, mit denen Dr. Emanuel Gebauer beim Themenspaziergang im Münster St. Paul auf eine spannende Führung einstimmte.
Beim Rundgang um das Münster St. Paul finden die 15 Teilnehmenden im südöstlichen Gebäudekomplex des alten Klosters Hinweise auf Reste eines „Ur-Konvents“, nicht mehr als ein Stützpunkt der Ordensbrüder. 1233 erhielt dieser von Kaiser Heinrich XIII die Erlaubnis zur Niederlassung in Esslingen, nur wenige Jahre nach Gründung der Glaubensgemeinschaft durch Dominikus aus Caleruega, spanischer Patriziersohn und Wanderprediger. Bereits 1268 erfolgte die Weihe des Altars der dem heiligen Paulus geweihten Dominikanerkirche durch den großen Kirchengelehrten Albertus Magnus. Immer auf Reisen zu sein – das verbindet die Dominikaner mit der Tätigkeit des Apostel Paulus. Sie bestritten ihren Lebensunterhalt - ohne eigene Einkünfte - aus Spenden für seelsorgliche Tätigkeit und Predigten in der Landesprache. Nah am Menschen und scharf in der Argumentation gelang es ihnen, viele Menschen zu begeistern und die Lehre Jesu lebensnah zu vermitteln. Esslingen als im Mittelalter wohlhabende Reichsstadt mit Pfleghöfen, mit reger Handelstätigkeit und zentral gelegen, bot vielfältige Möglichkeiten für die Verbreitung der Glaubenslehre der Dominikaner.
Was ist aus den Dominikanern geworden? 1532 wurden sie aus Esslingen vom damaligen Stadtrat
vertrieben. Während und nach dieser Epoche hatten sie sich im Dienst des Papstes aktiv an Inquisition und Hexenverfolgung beteiligt. Mit ihren besonderen argumentativen und rhetorischen Fähigkeiten waren sie für die Reformatoren in Esslingen zu gefährlichen Konkurrenten geworden. Ein herzliches Dankeschön geht an Dr. Emanuel Gebauer für seinen fesselnden Vortrag.
Gabriele Alf-Dietz
Wer durch den Eingang das Münster St. Paul betritt, der staunt nicht schlecht. Der Blick in den gotischen Kirchenbau zeigt durch den Mittelgang in den Chorraum – symbolisch von der Dunkelheit in das Licht; vom Tod in das Leben; von der Erde in das himmlische Jerusalem, ins Paradies. So stellte man sich das Bild damals beim Bau der Kirchen vor. Peter Frey nahm als neuer Kirchenführer die versammelten Gäste, 11 Menschen aus nah und fern, mit auf die Reise durch das Münster St. Paul. Im Chorraum der Blick auf die großen Fenster von Wilhelm Geyer. Stationen aus der Bibel. Die Geburt Jesu im Stall, die Bergpredigt, die Fußwaschung an Gründonnerstag oder das letzte Abendmahl. Dies ist die Botschaft, die uns verkündet wird, die wir verkünden und leben sollen, auch heute noch. Am Kreuz – der Blick auf die beiden Schatten. 1 Kreuz wird zu 3 Kreuzen. Symbolisch für den Karfreitag – Erinnerung an das Sterben, die zerbrochenen Träume und doch auch Wegweiser für das Leben. Der Tabernakel. Getragen von Weintrauben und Ähren aus dem gelobten Land. Blick auf den Altar – von Ulrich Rückriem 1994 für die Kirchenrenovierung geschaffen. Aus dem Felsen gehauen und gesprengt – neu zusammengefügt. Kantig und glatt. Wie der Glaube eben auch. Am Taufstein im rechten Seitenschiff, direkt unter den Augen der Evangelisten und vor dem Fenster vom Glaskünstler Josef Schreiter, da werden die neuen Gemeindemitglieder aufgenommen und zu Gesalbten –zu Priestern, Propheten und Könige. Eindrücklich und mit Charme verknüpfte Peter Frey immer wieder die Stationen mit kirchenhistorischen Argumenten und aktuellem Zeitgeschehen. Was zeigt sich da im Synodalen Weg – wie kann heute Glaube gelebt werden und wie hat sich das schon damals beim Bau der Kirche gezeigt? 2 Türen aus dem benachbarten Klosterleben. Eine für die Kleriker und Mönche – eine Tür für die Laien. Getrennt durch einen Lettner – eine Schranke aus Stein. Auf ihm wurde gepredigt – und doch trennte er Kirchenvolk vom Klerus und das in einer Kirche der Dominikaner, die eine Lettner eigentlich gar nicht vorsieht. Unerhört ging es weiter. So findet man im Münster eine Holzfigur vom Heiligen Antonius. Ein Franziskanerpriester aus Lissabon. Begnadeter Prediger und Kirchenlehrer. Aber eben kein Dominikaner. So verging die Zeit für die Kirchenführung wie im Flug. Eben wegen der Weite des Kirchenraumes findet jeder Kirchenbesucher sein Plätzle. Ob auf der Suche nach Ruhe, zum Gebet, mit einem großen Anliegen oder dem Dank für einen guten Tag/eine gute Entscheidung oder nur um eine Kerze für ein Anliegen oder einen Menschen zu entzünden. Mit einem Lächeln und positiv gestärkt verließen die Besucher dann wieder das Münster – nicht ohne Dank an den Kirchenführer für die Einblicke in die Welt des Glaubens und den Kirchenbau.
Wieder fand in der Reihe „Themenspaziergang im Münster St. Paul“ am 19.02.2023 eine Kirchenführung statt. Jeder Spaziergang wird von einem Kirchenführer aus dem neu zusammengestellten Team des Arbeitskreises Kirche und Kunst übernommen. In der Konzeption für die Führungen soll jedes Mal ein anderer kunsthistorischer oder theologischer Aspekt der Kirche im Mittelpunkt stehen, so am vergangenen Sonntag die Glasfenster im Chor von Prof. W. Geyer. Der Spaziergang wurde begleitet von Kirchenführer Thomas Dietz.
Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte der ehemaligen Klosterkirche und bei einem Rundgang um die Kirche Richtung Nordportal stellten sich bereits viele Fragen: Was hat es mit den Linien im Mauerwerk auf sich, warum hat die Kirche keinen Kirchturm, welche Gründe gibt es für Unterschiede in der Gestaltung der Fassade des Kirchenschiffs, Details, die nur bei genauer Betrachtung auffallen und von Thomas Dietz lebendig erklärt wurden. Im Inneren wurden die Teilnehmenden dazu angeleitet, selbst aktiv zu werden, sich der Kirche unter bestimmten Fragestellungen anzunähern und nach genauer Beobachtung zu versuchen, ihre Schlüsse zu ziehen. Im zweiten Teil der Führung ging es dann um das mittlere Glasfenster im Chor mit Motiven aus dem Brief des Apostels Paulus an die Kolosser. Mit Klemmbrett, Papier und Bleistift wie auch mit der Handy-Kamera schwärmten die sechzehn Teilnehmenden aus und zeichneten ein Motiv ihrer Wahl; im Anschluss daran wurden die reiche Bildsprache der Motive und ihre Bezüge zum Kolosserbrief der motivierten Gruppe anschaulich erklärt.
Vielen Dank für diese lebendige und interessante Führung!
Eine weitere Sehenswürdigkeit im Münster St. Paul ist die Weihnachtskrippe von Sebastian Osterrieder. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts schuf der Münchner Bildhauer etliche Weihnachtskrippen, die sich bis Heute großer Beliebtheit erfreuen und viele Besucherinnen und Besucher in die Kirche führen, so auch am vergangenen Sonntag, als sich 22 Personen zur Krippenführung unter der Leitung von Kirchenführer Norbert Kindler eingefunden hatten.
Nach kurzer historischer Einordnung von Kirchengebäude und dem Erwerb der Krippe durch die Kirchengemeinde im Jahr 1927 erläutert Norbert Kindler den spannenden Prozess der Herstellung der 26 Krippenfiguren nach dem französischen Hartgussverfahren. Bereits in seiner Kindheit in der elterlichen Backstube formt Sebastian Osterrieder mit großer Begeisterung Figuren aus Teig – eine Leidenschaft, die später nach seiner künstlerischen Ausbildung an der Akademie München zu einem besonderen Verfahren zur Herstellung seiner Figuren führen sollte. Dabei werden die Figuren zunächst kunstvoll aus Holz geschnitzt, danach mit Gussmasse abgegossen und mit Drahtarmierungen verstärkt. Das Rezept der Gussmasse aus Alabastergips, Champagnerkreide und Hasenleim behielt Sebastian Osterrieder ein Leben lang geheim.
Die Figuren sind lebensnah gestaltet, jede Figur weist liebevoll gestaltete Details und Besonderheiten auf. Besonders der künstlerische Entwurf der Krippentiere hatte es Osterrieder angetan. So nahm er 1910 an einer Expedition nach Ägypten und Palästina teil, um dort exotische Tiere, wie Kamele genau zu studieren und seine Figuren lebensnah zu gestalten.
Ein herzliches Dankeschön an Norbert Kindler für diese interessante Nachmittagsstunde.
Unter der Leitung von Kirchenführer Matthias Vetter fand am vierten Advent eine weitere thematische Führung im Münster St. Paul statt. Nach einem kurzen Überblick über die kunsthistorische Bedeutung der frühgotischen ältesten erhaltenen Bettelordenskirche in Süd-Deutschland des ehemaligen Dominikanerklosters, geweiht im Jahr 1268 vom großen Kirchenlehrer Albertus Magnus erfolgte ein Rundgang durch die betont schlicht gehaltene Kirche. Eindrucksvoll die große Orgel der Orgelbaufirma Rieger und das Ensemble mit Altar, Ambo und Taufstein des bedeutenden Künstlers Ulrich Rückriem aus dem Jahr 1994. Im Mittelpunkt heute: die seit 1927 alljährlich aufgebaute große Krippe von Sebastian Osterrieder, eine besondere Attraktion in der Weihnachtszeit.
Wie riecht Weihrauch? Was befindet sich in der Dose im Altarsockel? Welche Bedeutung haben die zwölf Kreuze im Kirchenraum? Was wird im Tabernakel aufbewahrt? Warum haben die liturgischen Gewänder unterschiedliche Farben? – spannende Fragen von Jung und Alt zu liturgischen Geräten und Utensilien für die gottesdienstlichen Handlungen in der katholischen Kirche – anschauliche Antworten von Matthias Vetter und eine kleine sinnlich erfahrbare Riech-Probe von brennendem Weihrauch, einem luftgetrockneten Baumharz, das für kultische Zwecke und auch in der Heilkunde verwendet wird.